Bogestra beendet Zusammenarbeit mit "Handyticket" (Fahrkarten und Angebote)

Colaholiker, Frankfurt / Hildesheim, Donnerstag, 23.11.2017, 08:16 (vor 2318 Tagen) @ lululu

Ich stelle mir da eherlichgesagt die Frage, wie ein Papierticket überhaupt barrierefrei sein kann. Ok, die Möglichkeiten es zu kaufen können natürlich barrierefrei sein. Das Papierticket an sich ist allerdings niemals barrierefrei, es sei denn du druckst die wichtigen Informationen auch in Punktschrift drauf. Dafür brauchst du dann allerdings Punktschriftpapier, was wahrscheinlich kein Verkehrsunternehmen bezahlen will.

Ich verstehe also auch nicht so ganz wie GUM das meint :)

Ich vermute, er meint barrierefrei nicht im Bezug auf Menschen mit Behinderungen, sondern auf technische Barrieren. Beim Papierticket gehe ich zum Fahrer oder zum Automaten, äußere meinen Wunsch auf geeignete Weise, bezahle auf die eine oder andere Art, und erhalte ein Stück Papier, das als Nachweis für den entrichteten Fahrpreis dient. Außer dem nötigen Geld braucht der Fahrgast nichts. Zugegeben, wer nicht selbst durch Hinschauen prüfen kann, daß es die richtige Fahrkarte ist, muß dem Verkäufer vertrauen. (Wobei es dazu nicht unbedingt einer Sehbehinderung bedarf - durch das überall unterschiedliche Design und unterschiedliche Inhalte des Aufdrucks ist es, wenn man mal woanders als zu Hause unterwegs ist, auch für Sehende nicht einfach, die Korrektheit der Fahrkarte zu prüfen.)

Für ein Handyticket benötigt der potentielle Fahrgast zunächst ein Handy (weit verbreitet, aber hat beileibe nicht jeder), die richtige App auf dem Handy (dazu komme ich gleich), ausreichend Akkuladung, genug Datenvolumen in Reserve, ...
Klar, der Aspekt des Vorlesens ist in bestimmten Fällen ein gewaltiger Vorteil, der allerdings mit den genannten Nachteilen der recht hohen Einstiegsvoraussetzungen einher geht.
Beim e-Ticket benötigt man zumindest die Trägerkarte, die man meist nicht am Fahrkartenautomaten erhält. Auch dazu kann ich nach dem Ende dieses Gedankens noch etwas beitragen.

Bei der Kontrolle während der Fahrt ist der zeitliche Unterschied auch immens. Wenn ich überlege, wie schnell früher ein Team des Prüfdienstes bei uns durch die Straßenbahn durch kam, da war eine Kontrolle zwischen zwei Haltestellen überhaupt kein Thema. Die "Fangquote" war dementsprechend hoch. (Zugegeben, damals kamen die Prüfteams auch noch in Zivil, was ein gewaltiger Vorteil war.) Heute steigt die erste Hälfte der Schwarzfahrer schon aus, wenn sie die Prüfteams in Dienstkleidung sieht, die andere Hälfte hat genug Zeit, an der nächsten Haltestelle auszusteigen, während die Teams drei bis vier e-Tickets pro Minute prüfen.

Seit dem es Handy-Tickets gibt, kaufe ich nur noch solche. Da bekomme ich wenigstens vorgelesen, was ich da gerade für ein Ticket habe.

Der Vorteil für Dich ist vollkommen nachvollziehbar. ;-)

Mal ganz davon abgesehen, dass meine Diskussion sowieso eher hypothetisch ist, da die überwiegende Mehrheit der Bilden und stark Sehbehinderten im NV sowieso freifahrtberechtigt sind.
Im FV sieht das natürlich ganz anders aus.

Da bleibt aber die Möglichkeit, personalbedient zu kaufen. Entweder im Reisezentrum oder der Agentur in der Nähe, oder völlig wohnortunabhängig telefonisch.
Mal rein interessehalber - wie gut kommt man mit einem Screenreader durch eine Fahrkartenbuchung auf bahn.de? Das hast Du doch sicher schon mal probiert.

Zu meinen selbt erlebten Geschichten, die ich angekündigt hatte...

Die Problematik der richtigen App auf dem Handy hatte ich im Frühjahr, als ich mit meiner Freundin in Hamburg war. Da ich nicht damit rechnete, ein Handyticket kaufen zu wollen, hatte ich mir die HVV-App nicht installiert, mit "Öffi" kriegt man ja auch alle Verbindungen, die man sucht. Also brachten wir nach unserer Ankunft schnell das Gepäck ins Hotel, gingen zur U-Bahn und wollten eine Tageskarte kaufen. Doch am Automat gab es dann die große Überraschung - aus Frankfurt bin ich es gewohnt, daß die ÖPNV-Fahrkartenautomaten jede Art von "Plastikgeld" akzeptieren, egal ob Girocard oder Kreditkarte. Tja, nicht so in Hamburg, dort wird (oder wurde zumindest in diesem Frühjahr noch) auf das tote Pferd "GeldKarte" gesetzt. Nachdem ich in der Anfangszeit dieses Systems damit schlechte Erfahrungen gemacht habe (50 Mark aufgeladen, Chip ging kaputt, Postbank zuckte mit den Schultern, Geld war weg), halte ich von diesem System nur noch Abstand, dementsprechend hatte ich zwar eine Karte mit passendem Chip dabei, aber kein Guthaben drauf. Bargeld in ausreichender Menge hatten wir auch nicht einstecken. Also standen wir vor der Wahl, daß ich entweder die App installiere (was ich dann am Abend für den nächsten Tag auch im WLAN des Hotels tat, ansonsten hätte es mein Datenvolumen gesprengt oder wir hätten erst lange nach einem Hotspot suchen müssen), oder einfach zum nächsten Gelduatomaten gehen und dort Bargeld beschaffen. Fazit: Hürde fürs Handyticket ist, wenn man unvorbereitet ist, als zig-MB-Download doch recht hoch.

Beim e-Ticket hatte ich ähnlichen Spaß hier in Frankfurt. Anfangs gab es das e-Ticket nur für persönliche Jahreskarten, Jobtickets und eine Handvoll ausgewählter Sondertarife. Irgendwann wurde quasi über Nacht umgestellt, daß ab Wochenkarte aufwärts alle Zeitkarten nur noch als e-Ticket ausgegeben werden. Da stand ich nun also an meiner Haltestelle zu Hause, wollte eine Wochenkarte kaufen, konnte aber nicht, weil mir die Trägerkarte fehlte. Am Automat bekommt man sie nicht, also durfte ich zu einem Kiosk irgendwo enn paar Straßen weiter latschen (natürlich zu einem anderen Zeitpunkt, als ich die Fahrkarte kaufen wollte, hatten die geschlossen), die ebenfalls RMV-Fahrkarten verkaufen. Dort kam dann gleich das nächste Problem auf - man hatte zwar die e-Ticket-Karten, akzeptiert aber keine Bezahlung per Kreditkarte. Auf meine Frage, ob sie mir nicht einfach eine unprogrammierte Karte geben könne, die ich mir am Automaten passend auflade, mußte sie eine halbe Stunde(!) rumtelefonieren, um zu erfahren, daß das möglich ist.
Neulich wollte ich auf besagte Karte wieder etwas aufladen - und die Karte ist tot. Wird nicht mehr vom Lesegerät erkannt. Zum Glück ist das beim Aufladen aufgefallen und nicht bei einer Fahrkartenkontrolle.

Lustig ist in diesem Zusammenhang auch, daß die Umstellung mit dem Argument des Papiersparens kam. Früher druckte der Automat zwei etwa Scheckkartengroße Zettel aus - einen mit dem Kartenzahlungsbeleg (die über 130 Euro für eine Monatskarte füttere ich da sicher nicht bar rein), den zweiten mit der eigentlichen Fahrkarte. Heute druckt er den gleichen Zahlungsbeleg, den genauso großen Beleg über den Kauf der Fahrkarte, auf dem Kartennummer, Gültigkeitsdatum und Art der gekauften Fahrkarte vermerkt sind, und eine halb so große Quittung zur Vorlage wo auch immer mit ausgewiesenem Fahrpreis aus. Voll Papier gespart!

Technisch einfache Lösungen bevorzugende Grüße,
der Colaholiker

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