Zur Südspitze Europas, Teil 2: Andorra–Tarragona (Reiseberichte)

mrhuss, FKON, Sonntag, 08.10.2017, 14:37 (vor 2385 Tagen) @ mrhuss

Von Andorra nach Tarragona stand natürlich auch erst mal eine Busfahrt an. Es gibt zwar direkte Fernbusse von Andorra la Vella an die Costa Daurada, aber wir entschieden uns für einen leichten Umweg über Lleida, da der direkte Bus für unseren Geschmack zu früh war. Um von Lleida nach Tarragona zu kommen gibt es einmal die Möglichkeit über die Schnellfahrstrecke mit dem AVE oder Avant zu fahren. Als Avant bezeichnet die spanische Bahn RENFE Mittelstreckenzüge mit nur einer Klasse, die auf den normalspurigen Schnellstrecken unterwegs sind. Das Rollmaterial für die Avant sind vierteilige Triebzüge der Baureihen 104 oder 114, die von den Pendolinos abgeleitet sind.

Da man allerdings mit den Avant nicht in Tarragona, sondern im Bahnhof Camp de Tarragona ankommt, der ziemlich weit außerhalb liegt, nahmen wir einen Regionalzug. Dort fahren Triebzüge der Baureihe 448. Die Strecke ist auf den meisten Abschnitten landschaftlich recht reizvoll. Auf dem letzten Stück ab Reus dominiert dann allerdings die chemische Industrie. Hier sehen wir einen 448, der von Barcelona, also aus der Gegenrichtung kommend, gleich Tarragona erreicht.

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Im Bahnhof Tarragona wird derzeit gebaut. Ein Gleis wurde herausgerissen und dafür der viel zu schmale Bahnsteig verbreitert. Während unseres Aufenthaltes waren die Baurarbeiten noch im Gange. Ein schon lange geplanter Neubauabschnitt von Camp de Tarragona in Richtung Valencia mit Spurwechseleinrichtung ist nach wie vor nur fast fertig. Ein geplanter neuer Bahnhof an diesem Neubauaschnitt, der zwischen Reus und Tarragona gelegen sein sollte, wurde auf Eis gelegt.

Die weitere Strecke von Tarragona nach Barcelona führt teils direkt am Mittelmeer entlang. Im Stadtgebiet Tarragona auf der anderen Seite das römische Amphitheater zu sehen. Auf den elektrifizierten Strecken werden die Talgo-Wagenzüge von der Baureihe 252 gezogen, die sowohl in einer Breit- als auch in einer Normalspurvariante vorhanden ist und die mit dem Ur-Eurosprinter, der deutschen 127, verwandt ist.

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Unser Aufenthalt in Tarragona war wieder abgestimmt mit dem Stadtfest Santa Tecla. Dort zeigten am 23.9. die Castellers der Stadt wieder ihre spektakulären Menschtürme. Für Kenner: Das auf dem Bild ist ein 2de9fm der Colla Jove Xiquets de Tarragona.

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Doch natürlich ging dieses Jahr, eine Woche und einen Tag vor dem geplanten Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens, nichts ohne Politik. Nach dem Singen der Nationalhymne Els Segadors rief die Menge „Votarem“ (Wir werden wählen!) und „Independència“ (Unabhängigkeit). Vom Dach des Rathauses wurde ein Transparent mit der Aufschrift „A Tarragona votarem“ (In Tarragona werden wir wählen.) aufhängt. Auch zum Schluss der Auftritte der Castellers wurde es noch einmal politisch. Traditionell werden nach den vier Runden der Castells noch Pilars (Säulen) aufgebaut, bei denen der Enxeneta (das Kind ganz oben) auf den Balkon des Rathauses hochgezogen wird. Dabei zeigte der auf dem Balkon stehende Casteller der Xiquets del Serallo das Democràcia-Banner.

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Am Abend des folgenden Tages sah das Rathaus übrigens so aus:

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Übrigens hat das von der Regierung in Madrid über Verbote und Websperren zensierte Motiv der Regionalregierung, das für das Referendum warb, Bahnbezug.

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Es war in der Tat nicht besonders schwer, herauszufinden, wo das Bild gemacht wurde. Dem geneigten Leser überlasse ich das hier als Bahnrätsel. :)

In Teil 3 geht es ganz ohne Politik weiter nach Andalusien.


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