Widerlegung die Zweite (Allgemeines Forum)

musicus, Samstag, 12.08.2017, 10:51 (vor 2442 Tagen) @ tose25
bearbeitet von musicus, Samstag, 12.08.2017, 10:56

Nachdem schon das München-Köln-Beispiel so herrlich an der Realität gescheitert ist, war es natürlich auch ein Leichtes die hier nun vorgebrachte Köln-Berlin-Argumentation ebenfalls als sehr zweifelhaft zu belegen.

Vielleicht nicht beweisbar, belegbar ist es aber durchaus, z.B. folgendermaßen: Einfach mal in der Suche nach durchgehenden IC-Verbindungen an einem Freitag oder Sonntag in nicht zu ferner Zukunft von Berlin nach Köln suchen (Flexpreise IC 107 Euro, ICE 123 Euro) und sich die Preise dafür notieren.

Hab ich gemacht. Auch hier habe ich zunächst einmal die Annahme widerlegt, dass ICE-SP teurer seien als IC-SP (gleiches Datum, gleich Zeitlage, in etwa vergleichbare Reisezeit):
ICE-Verbindung:
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IC-Verbindung:
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Anschließend einfach ein kurzes Stück ICE von Berlin Südkreuz nach Berlin Hbf davorsetzen. Ergebnis: Preis der Fahrkarte steigt beim Sparpreis in den meisten Fällen

Was gar nicht erst passieren dürfte, wenn SP tatsächlich mit Flexpreisen korrelierten, denn dann müssten sie immer ansteigen.
Aber auch hier:
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Überraschung. Keine Veränderung, geschweige denn eine Erhöhung durch ICE-Nutzung.
Abgesehen davon, halte ich das Beispiel für sehr konstruiert. Für die kurze Strecke zwischen Südkreuz und Hbf gibt es in der Praxis keinen Grund den ICE statt NV zu wählen, wenn ab Hbf eine knapp sechsstündige Reise bewusst ausschließlich im IC zurückgelegt wird.

an der Entfernung liegt es nicht (gleichgestellter Bahnhof)

An Entfernungen liegt die Sparpreisbildung nie (Ausnahme 200km-Regel), was mir abermals nahelegt, dass es sich nicht um ein zum Flexpreis korrelierendes Preisbildungssystem handeln kann. Wäre dem hypothetisch so, würde es allerdings Kurzstreckenfahrer überdurchschnittlich stark benachteiligen. Berchtesgaden-Flensburg erhält 80% Rabatt, Berchtesgaden-Donauwörth lässt sich hingegen nicht einmal um 50% rabattieren. Oder anders ausgedrückt: Der Wert des Tickets von Donauwörth nach Flensburg (immerhin über 800 km) betrüge 0€ - und aus diesen null entrichteten Euronen versuchen dann Herren vom Kaliber eines VT_601 exklusive Rechtsansprüche abzuleiten. (Wollte nur mal an den Ausgangspunkt dieser Debatte erinnern)

Dies ist daher ein relativ eindeutiges Indiz dafür, dass die Kontingente eher so eine Art prozentualen Rabatt auf den Flexpreis darstellen, der dann an die Sparpreisstufen angepasst wird.

Steile These. Nur weil sich der Rabatt (wie übrigens jedwede Ersparnis auf diesem Planeten) in einem prozentualen Verhältniswert ausdrücken lässt, heißt das noch lange nicht, dass der Umkehrschluss - man rabattiere bestehende Flexpreise um einen feststehenden Ermäßigungssatz und runde sie anschließend BB-konform auf oder ab - dezidiert zur Preisbildung herangezogen würde.

Das Sparpreissystem ist mit großer Sicherheit so gestrickt, dass sich so wenig Abhängigkeiten und Kausalitäten für eine Preisbildung wie möglich durch den Kunden ablesen lassen. Die Behauptung, ICE-SP seien teuerer als IC-SP kann sich (ohne Insiderwissen) nicht belegen lassen, weil immer unklar bleiben muss, zu welchem Grad die jeweiligen Kontingente bereits verkauft sind und aus diesem Grund der jeweils aktuelle Preis den Wert annimmt, den er eben hat. Eine Ausnahme sind hier einzig die Einstiegspreise vom 29,90€, die als prinzipielle Untergrenze festgelegt wurden. Die Preise hängen in höchstem Maße von der jeweiligen erwarteten Auslastung zum Kaufzeitpunkt ab, wie auch das gesamte System ein auslastungsabhängiges - und expressis verbis tarifunabhängiges - mobility pricing darstellt. Ungeachtet dessen, weiß kein Mensch, wie die DB für die einzelnen Züge und Verbindungen die jeweiligen Kontingente modelliert, das scheint (ohne jetzt in neue Pseudobeweise abschweifen zu wollen) ebenfalls uneinheitlich und undurchsichtig zu sein. In meinen Augen überwiegen die Globalpreisaspekte in diesem Modell weit vor den Faktoren Enfernung, Produktklasse und Wagenklasse. Vielmehr soll der Tagespreischarakter mit stetig nach oben tendierenden Preisen die Kundschaft zur frühzeitigen Festlegung und Buchung bewegen und damit eine tendenziell gleichmäßigere Auslastung bewirken, so dass bei der DB eben nicht die Notwendigkeit entsteht Beförderungskapazitäten kürzerfristig skalierbar gestalten zu müssen, sondern der Verkehr in einem hohen Prozentsatz der Fälle mit einem festen Sockel an Rollmaterial zu bewältigen ist. Und angesichts der Paradoxitäten, die gerade das Sparpreissystem gebiert, halte ich die Behauptung, ICE-SP seien teurer als IC-SP abschließend für falsch und einen Beweis dafür leider für unmöglich.


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