Wer war der Heidemörder? (50 Bilder), Teil 1 (Reiseberichte)

Sören Heise, Region Hannover, Mittwoch, 21.01.2015, 18:01 (vor 3374 Tagen)
bearbeitet von Sören Heise, Mittwoch, 21.01.2015, 18:02

Moin,

keine Sorge, wir reisen nicht in die rote Politik. Unser Ziel ist die Stadt Heide. Der örtliche Bahnhof wurde kürzlich ziemlich total umgebaut, von einem typischen Bundesbahnhof hin zu einem modernen Bahnhof des 21. Jahrhunderts.

Mein herzlicher Dank geht an Christoph (ccar), der mir für diesen Beitrag einige ältere Aufnahmen zur Verfügung stellte. Wir beginnen mit der Übersicht über Geschichte und Verkehr. Hier haben wir die durchgehende Hauptstrecke, zwei Nebenstrecken und auch zwei Strecken, die Geschichte sind.


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Die Hauptstrecke ist die Marschbahn von Elmshorn nach Westerland. Die Hauptlast des Verkehrs liegt bei der zu Veolia gehörenden Nord-Ostsee-Bahn, sie bedient die Strecke von Hamburg-Altona nach Westerland im Stundentakt mit lokbespannten Garnituren (ER 20 und Di 6), dazu kommt ein zusätzlicher Stundentakt mit Dieseltriebwagen zwischen Itzehoe und Heide. Stundentakt sollte man jedoch nicht allzu wörtlich nehmen, die bis zu vier IC-Paare nach Sylt (Doppeltraktion Baureihe 218) und Anschlüsse in Itzehoe sorgen dafür, daß der Fahrplan nicht gar zu einfach auswendig erlernt werden kann.

Die Marschbahn zweigt in Elmshorn von der Bahnstrecke Altona - Kiel ab, die am 18. September 1844 eröffnet wurde. Schon am 20. Juli 1845 nahm die Glückstadt-Elmshorner Eisenbahn-Gesellschaft (sie wurde über die Holsteinische Marschbahn-Gesellschaft 1888 zur Schleswig-Holsteinischen Marschbahn-Gesellschaft) die kurze Strecke von Elmshorn nach Glückstadt in Betrieb, am 6. August 1857 erfolgte die Verlängerung nach Itzehoe (hier lag der Bahnhof zunächst südlich der Stör). Am 1. November 1878 wurden Itzehoes neuer Bahnhof und die Fortsetzung der Stichbahn nach Heide eröffnet. Die Strecke hatte bis 1920 zwischen Wilster und St. Michaelisdonn eine südlichere Streckenführung, vorbei an Brunsbüttel. Das genaue Eröffnungsdatum der neuen Streckenführung ist mir unbekannt, es könnte der 1. Juni gewesen sein.

Am 25. April 1884 erhielt die Gesellschaft die Konzession für den Weiterbau bis zur dänischen Grenze kurz vor Ripen. Der kurze Abschnitt bis Lunden wurde am 1. September 1886 eröffnet, die Weiterführung über die Eider (Klappbrücke) und vorbei an Husum (hier hatte man mit dem Nordbahnhof einen eigenen Bahnhof) nach Bredstedt folgte am 17. Oktober 1887. Am 15. November folgte dann der Rest der Strecke über Niebüll und Tondern bis zur Grenze. Am selben Tag ging auch die kurze Strecke von der Grenze bis Ribe in Betrieb, ihren Bau hatte ein dänischer Industrieller finanziert (Dänemark hatte damals eine größere innenpolitische Krise), erst am 1. Juli 1986 übernahmen die DSB die Strecke. Für den Grenzbahnhof wählte man die aus Bayerisch Eisenstein und Železná Ruda bekannte Lösung mit einem Gemeinschaftsbahnhof, durch den die Grenze lief. Vedsted war die dänische und Hvidding die deutsche Station. Das Empfangsgebäude steht noch heute, es dient als psychiatrische Klinik. Für Dänischkundige findet sich hier ein Aufsatz zum Bahnhof.

Am 1. Juli 1890 wurde die Marschbahngesellschaft verstaatlicht. Am 15. Juni 1892 ging eine Seitenbahn von Tondern nach Hoyerschleuse in Betrieb, dort bestand Fähranschluß nach Sylt. Nachdem Nordschleswig mal wieder dänisch geworden war, ging der Verkehr nach Sylt zunächst weiterhin über diese Strecke. Nach Eröffnung des Dammes am 1. Juni 1927 verlor die Seitenstrecke an Bedeutung. Der Reiseverkehr endete am 15. Mai 1935, am 31. März 1962 auch der Güterverkehr, woraufhin die Strecke abgebaut wurde.

1981 fuhr der zunächst letzte Reisezug über die Grenze, im Jahr 2000 wurde der Personenverkehr zwischen Niebüll und Tønder wieder aufgenommen. Zeitweise fuhr die Nord-Ostsee-Bahn, seit 2010 liegt er in Händen der DB, deren Tochter Arriva durchgehende Züge Niebüll - Esbjerg anbietet. Und seit dem 29. Mai 1998 besteht zwischen Elmshorn und Itzehoe elektrischer Betrieb.


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Die Nordbahn betreibt den Personenverkehr von Neumünster nach Büsum. Zwischen Hohenwestedt und Heide fahren die Züge alle zwei Stunden, Neumünster - Hohenwestedt und Heide - Büsum werden stündlich bedient, eingesetzt werden Dieseltriebwagen der Baureihe 648.

Es handelt sich hierbei historisch gesehen um zwei Strecken. Die ältere ist die am 22. August 1877 eröffnete Strecke von Neumünster über Heide nach Karolinenkoog, Bauherr war die Westholsteinische Eisenbahn-Gesellschaft, die auch am 1. Juli 1890 verstatlicht wurde. Am 1. November 1878 wurde durch die Wesselburen-Heider Eisenbahngesellschaft die von dieser Strecke in Weddinghusen (das ist nördlich von Heide) abzweigende Strecke nach Büsum eröffnet. Die Wesselburen-Heider Eisenbahngesellschaft wurde am 1. April 1881 durch die Westholsteinische Eisenbahngesellschaft übernommen, die seit Anbeginn Betriebsführer war. Am 1. Juni 1886 erfolgte eine kurze Verlängerung von Karolinenkoog zur Eiderfähre, die eine Verbindung über den Fluß nach Tönning bot.

Die Strecke von Weddinghusen nach Karolinenkoog ist mittlerweile Geschichte, die Stillegungsdaten: 20. Januar 1940 Fähre - Karolinenkoog, 1. November 1942 Karolinenkoog - Hemmerwurth und 22. Mai 1954 Hemmerwurth - Weddinghusen. Weddinghusen - Heide ist als Teil der Strecke nach Büsum noch in Betrieb, aber eine knapp 14 Kilometer lange Strecke in drei Etappen einzustellen, ist nicht schlecht. Bis zum Jahresende 1958 bestand bis Hemmerwurth übrigens noch Güterverkehr.

Im Gegensatz zur Büsumer Strecke war die Verbindung quer durch Holstein zeitweise akut einstellungsbedroht, die Büsmer nicht ganz so stark. Diese konnte abgewendet werden, 1993 übernahm die AKN pachtweise die Infrastruktur - sie modernisierte die Strecke; die DB hatte zuvor schon rationalisiert. Seit 2003 ist wieder die DB für die Infrastruktur verantwortlich, DB-Reisezüge sieht man seit 1993 nicht mehr. Auf die AKN folgte 2003 die Schleswig-Holstein-Bahn, 2011 folgte die Nordbahn (bei beiden hat die AKN ihre Hände mit im Spiel).


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Schließlich wäre da noch die Kreisbahn Norderdithmarschen. Sie war allerdings keine echte Kreisbahn; man kam zwar ohne Führerstandswechsel von Heide nach Heide, aber da war dann Schluß. Die Meterspurstrecke war insgesamt 54 Kilometer lang und erschloß die von der Normalspur außer acht gelassende Region nordöstlich von Heide. Es waren allerdings im Prinzip zwei Strecken, die von Heide nach Pahlhude an der Eider führten. Beide wurden etappenweise eröffnet, die nördliche war am 5. Oktober 1905 durchgehend befahrbar, am 23. Dezember 1905 auch die südliche. Die Nordstrecke verlor am 29. Februar 1936 den Personenverkehr (es dürfte nicht viele andere Bahnstrecken geben, bei denen der 29. Februar eine größere Rolle spielt), auf der Südstrecke war am 2. Oktober 1937 Schluß und somit auch bei der Kreisbahn Norderdithmarschen.


Kommen wir nun zu den Bildern. Christophs Spezialität sind Einst-und-Jetzt-Vergleiche. Ich kannte seine Bilder nicht, als ich am 3. September 2014 in Heide weilte, die Standpunkte sind daher nicht ganz übereinstimmend. Es scheint mir das vernünftigste, die Vergleiche in den Rundgang einzubauen. Wir erreichen Heide somit per Zug aus Altona.


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1 Unser erster Blick gilt der Lok. 251 007 steht, für deutsche Verhältnisse relativ ungewöhnlich, mitten im Zug. Diese Lokstellung hat gerade in Schleswig-Holstein aber eine längere Tradition, wenn auch auf einer anderen Strecke.


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2 Nebenan steht VT 2.75 der Nordbahn zur Fahrt nach Büsum bereit, aufgenommen kurz nach der Ankunft von dort.


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3 Blick gen Norden.


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4 Das Stellwerk Hf ist außer Betrieb, seit am 26. November 2010 das elektronische Stellwerk in Betrieb genommen wurde, es war somit nur 69 Jahre in Dienst. Formsignale weist die Marschbahn nur noch nordwärts ab Langenhorn auf.


Teil 2 folgt sogleich.


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