[CH] Ein ziemlich deutscher Bahnhof (45 Bilder), Teil 1 (Reiseberichte)

Sören Heise, Region Hannover, Mittwoch, 29.10.2014, 15:17 (vor 3460 Tagen)

Grüezi mitenand,

ein Kuriosum im Grenzraum zwischen Deutschland und der Schweiz ist zweifellos die Führung von Staatsbahnen über das Territorium des Nachbarstaates. Während die schweizer Strecke Zürich - Schaffhausen nur über wenige Kilometer durch Baden führt, nimmt die Badische Hauptbahn zweimal den direkten Weg durch die Schweiz. Einmal erschließt sie weite Teile des Kantons Schaffhausen, zum anderen hat sie einen eigenen Bahnhof in Basel, den Badischen Bahnhof. Den besuchen wir heute.


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Die wichtigste Bahnstrecke am Badischen Bahnhof ist die Badische Hauptbahn. Sie erschließt Baden zwischen Mannheim und Konstanz und verläuft mehr oder minder dicht am Rhein. Der Bau der Strecke begann von Norden aus. Die Eröffnungsdaten:
Mannheim - Heidelberg 12. September 1840,
Heidelberg - Karlsruhe 10. April 1843,
Karlsruhe - Rastatt 1. Mai 1844,
Rastatt - Baden-Baden (Oos) 6. Mai 1844,
Baden-Baden (Oos) - Offenburg 1. Juni 1844,
Offenburg - Freiburg 1. August 1845,
Freiburg - Müllheim 1. Juni 1847,
Müllheim - Schliengen 15. Juni 1847,
Schliengen - Efringen-Kirchen 8. November 1848,
Efringen-Kirchen - Haltingen 22. Januar 1851.

Bevor es weiterging, stand neben der Frage der Weiterführung ein anderes Projekt im Vordergrund. Denn es hatte sich erwiesen, daß Baden weit und breit das einzige Land war, das auf eine Spurweite von 1,6 Metern setzte. Man versuchte anfangs, den Rest Europas von sich zu überzeugen, nagelte dann aber seine Strecken 1854/1855 auf die üblichen 1435 Millimeter um. Da hatte man sich schon entschieden, die Strecke durch Basel zu führen. Damals fiel auch die Entscheidung, die Fortsetzung gen Konstanz durch schweizer Gebiet, nämlich den Kanton Schaffhausen, zu führen. Die weiteren Eröffnungsdaten:

Haltingen - Basel Badischer Bf. 20. Februar 1855,
Basel Badischer Bf. - Bad Säckingen 4. Februar 1856,
Bad Säckingen - Waldshut 30. Oktober 1856 und
Waldshut - Konstanz 13. Juni 1863.

Der Abschnitt Mannheim - Basel wurde bis 1958 elektrifiziert. Zwischen Konstanz und Singen wird die Oberleitung seit dem 25. September 1977 genutzt, von Singen nach Schaffhausen seit dem 24. September 1989 und zwischen Schaffhausen und Erzingen seit dem 15. Dezember 2013. Damit verlassen wir nach drei Portraits diesen Text und wenden uns den weiteren Bahnstrecken in Kleinbasel zu.

Da wäre die Wiesentalbahn zu nennen. Sie führt nordostwärts in den Schwarzwald und wurde als Privatbahn am 5. Juni 1862 bis Schopfheim eröffnet und am 5. Februar 1876 durch eine andere Gesellschaft bis Zell verlängert. 1889 wurde die Strecke vom Staat übernommen und bereits 1913 elektrifiziert, anfangs mit 15 kV und 15 Hz. 1936 wechselte man auf die damals üblichen 16 2/3 Hz, aber erst in den 50ern endete das Inseldasein des elektrischen Betriebes. Am Endbahnhof Zell bestand einst Anschluß an die Schmalspurbahn nach Todtnau, die ist aber schon lange Geschichte.

Seit dem 3. November 1873 besteht in Basel eine Eisenbahnverbindung über den Rhein, da erreichte die Badische Hauptbahn die Stadt schon 18 und die Schweizerische Centralbahn gar 19 Jahre (aber schon 1844 hatte die Bahnstrecke aus Mülhausen Basel erreicht). 1956 wurde die Basler Verbindungsbahn elektrifiziert. Um den zunehmenden Güterverkehr aufzunehmen (der mir nicht ins Bild rollte), ist sie mittlerweile viergleisig. Zwei Gleise führen nach Basel SBB, zwei nach Muttenz zum Rangierbahnhof.

Aus militärischen Gründen entstand eine Umgehung Basels. Sie wurde am 20. Mai 1890 eröffnet und führt von Weil am Rhein an der Hauptbahn nach Lörrach (1952 elektrifiziert). Anschließend nutzt sie die Wiesentalbahn bis Schopfheim und führt von dort als eigene Strecke bis Säckingen (1913 elektrifiziert). Während die Strecke von Weil nach Lörrach Teil der S-Bahn ist, wurde die Strecke Schopfheim - Bad Säckingen mittlerweile komplett stillgelegt.

Der heutige Badische Bahnhof ist der dritte. In den Jahren 1855 bis 1862 gab es nur einen provisorischen Bahnhof, 1859 begann der Bau eines richtigen. Er lag zwei Tramhaltestellen weiter westlich auf dem heutigen Gelände der Mustermesse (Kartenlink, bei Halle 1). Wie auch anderswo, so behinderte auch hier die Eisenbahn die Stadtentwicklung. Im Jahr 1900 einigten sich Stadt und Bahn auf einen Neubau. So konnte am 13. September 1913 der heutige Bahnhof eröffnet werden (das alte Empfangsgebäude wurde 1923 abgerissen). Das imposante Bahnhofsgebäude ist erhalten, allerdings wurden 1981/1982 die Bahnsteighallen abgerissen.

Bedingt durch die Lage des Bahnhofs auf schweizer Territorium gibt es einige Besonderheiten. Manches werden wir auf dem Rundgang sehen. Erwähnt werden soll an dieser Stelle, daß der Beauftragte für die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet der DB-Infrastruktur hier seinen Sitz hat.


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Basel Badischer Bahnhof ist Systemhalt der stündlichen ICE-Verbindung von Mannheim nach Basel SBB. Nördlich Mannheims werden Amsterdam, Köln, Kiel und Hamburg angesteuert, südlich Basels geht es mit dem ICE 1 nach Zürich oder Interlaken weiter, der ICE 3 fährt wieder zurück. Ferner halten die zweistündlichen ICEs zwischen Hamburg und Zürich. Manche kommen nicht bis Zürich, andere dafür aber bis Kiel.

Die Linie S6 von Basel SBB ins Wiesental ist Teil der Basler S-Bahn. Hier setzt die SBB Deutschland GmbH schweizer Flirt-Triebwagen ein.
Der übrige Regionalverkehr wird durch die DB bedient. Nordwärts nach Freiburg und Offenburg fahren lokbespannte Züge mit n- oder Doppelstockwagen, einige wenige kommen bis zum schweizer Bahnhof. Die Strecke Richtung Singen ist nicht elektrifiziert, im Nahverkehr kommen hier Triebwagen der Baureihe 641 zum Einsatz (bis Erzingen), die RE-Züge (stündlich bis Singen, zweistündlich weiter bis Ulm) sind fest in Händen der Baureihe 611.


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Teil 2 folgt gleich.


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