Mitsprache Arbeitnehmer ist sehr gut, ABER... (Aktueller Betrieb)

Freifahrtensammler, Montag, 01.09.2014, 12:37 (vor 3518 Tagen) @ sfn17
bearbeitet von Freifahrtensammler, Montag, 01.09.2014, 12:41

Ich staune immer wieder über die starke Abneigung gegen Gewerkschaften. Dem Tonfall nach hat auch hier kaum einer echten Kontakt zu einer Gewerkschaft, poltert aber dafür um so lieber.


Also, ich möchte dem Widersprechen. Ich bin nicht gegen Gewerkschaften. Ich finde Gewerkschaften haben in den letzten 50-60 Jahren dazu beigetragen, dass weite Teile der Bevölkerung am Wohlstand beteiligt wurden (und somit als Konsumenten und Steuerzahler wieder nutzen). Ich sehe die Mitsprache von Arbeitnehmern als einen Grund für den Erfolg der deutschen Wirtschaft. Was mit der Wirtschaft passiert, wenn Gewerkschaften zu schwach werden, sieht man ja gerade im Niedriglohnbereich. Es wird ein Kreislauf in Gang gesetzt, nachdem Motto "Hauptsache billig".

Ein großer Vorteil für die Unternehmen war die geringe Anzahl an Streiktagen. Über Betriebs-/Personalräte waren/sind die Gewerkschaften oft in den Leitungsgremien der Unternehmen vertreten und kennen so die Lage recht genau. Außerdem galt über Jahrzehnte das Prinzip, dass große Gewerkschaften Tarifverträge aushandelten, anstatt kleine Spartengewerkschaften.

Das Gegenbeispiel ist für mich Großbrittanien in den 70ern und 80ern. Zunächst waren die Gewerkschaften zersplittert und zerstritten, was zu einer hohen Anzahl von Streiktagen führte. Außerdem verloren sie den Blick für "das große Ganze" sprich strategische Ausrichtungen von Branchen/Unternehmen. Sie vertraten ja nur die wenigen Mitglieder ihrer Sparte und standen in Konkurrenz zu anderen Gewerkschaften. Unter Thatcher kam es dann zum "Krieg". Die Macht der Spartengewerkschaften wurde zerschlagen und - typisch neoliberal - nicht durch größere Gewerkschaften ersetzt. Folge: "working poor" , d.h. kaum Binnennachfrage. Das gab beispielsweise der britischen Autoindustrie den Todesstoß. Sehr gute BBC Doku über den Erfolg der deutschen Autoindustrie und den Untergang der britischen hier.

GdL (ehemals in der DAG (heute verdi)) oder auch Cockpit und Marburger Bund begründen ihre Existenz oftmals mit der besonderen Verantwortung ihrer Berufsgruppen. Zweifelsfrei hat ein Lokführer eine besondere Verantwortung. Allerdings auch ein Busfahrer eines Fernbusses oder ein LKW-Fahrer. Auch die Köchin einer Kita, der Mechaniker welcher mein Auto repariert oder der Rettungsassistent auf dem Rettungswagen hat eine hohe Verantwortung. Das Argument zieht also nicht. Vielmehr möchte die GdL besondere Bedingungen herausholen. Wenn das aber jede Berufsgruppe macht - ohne auf die gesamte Branche/Industrie zu schauen - dann kommt es schnell zu sehr vielen Streiktagen, hohen Kosten und hoher Unzufriedenheit bei Unternehmern UND Arbeitnehmern untereinander.

Es wäre also sinnvoll, wenn sich GdL und verdi auf EINE Verhandlungsposition gegenüber der DB einigen könnten. Also habe ich gerade überhaupt kein Verständnis für die Lokführer und ihre GdL, tut mir leid. Von mir aus können sie auf wegen dieser Arroganz gerne 30 Prozent weniger verdienen.


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