Ein Besuch in HB (60 Bilder), Teil 1 (Allgemeines Forum)

Sören Heise, Region Hannover, Samstag, 17.05.2014, 11:31 (vor 3604 Tagen)

Moin.

während die Gelehrten drüber streiten, ob eben in der Betreffzeile das Autokennzeichen oder das bahnamtliche Bahnhofskürzel stand, widmen wir uns lieber der Geschichte der Eisenbahn in Bremen, bevor wir über den städtischen Hauptbahnhof lustwandeln.


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Bremen erhielt seinen ersten Eisenbahnanschluß im Jahr 1847 mit der Bahnstrecke aus Hannover. Der Bahnhof, an den später auch die Strecken in Richtung Bremerhaven und Oldenburg anschlossen, befand sich direkt westlich des heutigen Hauptbahnhofs. Am 15. Oktober 1847 ging die Bahnstrecke von Hannover nach Minden in Betrieb, am 12. Dezember 1847 die in Wunstorf abzweigende Strecke nach Bremen: Bremens erste Eisenbahn. Diese Bahnstrecke ist heute zweigleisig und elektrifiziert (14. Dezember 1964). 1862 folgte die Verlängerung nach Bremerhaven, diese Strecke ist seit 1966 elektrisch befahrbar. Von der Strecke nach Bremerhaven zweigt in Bremen-Burg die Strecke nach Bremen-Vegesack ab.
Am 14. Juli 1867 wurde die Bahnstrecke von Bremen nach Oldenburg eröffnet (1980 elektrifiziert). Sie zweigt im Bahnhofsbereich von der Strecke Richtung Bremerhaven ab, so daß Züge in diese Richtung nur die ersten drei Bahnsteiggleise nutzen können.

Die Venloer Bahn errichtete einen eigenen Bahnhof jenseits des Staatsbahnhofs, den Hamburger Bahnhof. Der verschwand nach Fertigstellung des heutigen Hauptbahnhofs (auf dem Areal fuhr später die Kleinbahn nach Tarmstedt). Heute ist sie ein Teil der Bahnstrecke Wanne-Eickel - Hamburg (Rollbahn), seit 24. September 1968 zwischen Osnabrück und Hamburg elektrifiziert. Ihre Eröffnungsdaten:

1. Januar 1870: Wanne-Eickel - Münster
1. September 1871: Münster - Osnabrück
1. Dezember 1872: Harburg - Hamburg
15. Mai 1873 Osnabrück - Bremen
1. Juni 1874: Bremen - Harburg.

Für den Güterverkehr entstand eine direkte Verbindung an Bremen vorbei. Sie ist etwa 13 Kilometer kürzer als die Strecke über den Hauptbahnhof und wird von auch von einzelnen Reisezügen benutzt.


Schon bald sollten die beiden Bahnhöfe durch einen gemeinsamen Centralbahnhof ersetzt werden. Als Standort setzte sich der bisherige Staatsbahnhof (auch Hannoverscher Bahnhof genannt) durch. Er mußte für die Bauarbeiten (gleichzeitig wurden auch die Bahnanlagen höhergelegt) abgerissen werden, am 30. September 1885 war der letzte Betriebstag. Bis zur Einweihung des Centralbahnhofs am 15. Oktober 1889 nutzten alle Züge den Venloer Bahnhof - die Züge gen Oldenburg verkehrten ab dem Vorortbahnhof Walle. Architekt des neuen Bahnhofs war Hubert Stier. Es handelt sich um ein pompöses Gebäude aus orangefarbigen Ziegeln, die durch dunkelrote Ziegelreihen unterbrochen sind. Dominant tritt der Mittelteil aus der Fassade des Empfangsgebäudes hervor. Auf den Eckpfeilern thronten links der Gott des Handels, Hermes, und rechts die Göttin der Weisheit und der Industrie, Minerva. (Benno Wiesmüller, Die »Rollbahn« und ihre Stationen, Band 1: Bremen - Hamburg. Hövelhof 2011, Seite 12. Ich verdanke weitere Informationen diesem Buch.)

Die Bahnhofshalle ist 130,85 Meter lang und 60,20 Meter breit, ihre Höhe beträgt 28,60 Meter. Dort befinden sich heute fünf Bahnsteiggleise (1, 2, 3, 5, 6) sowie zwischen den Gleisen 3 und 5 zwei Gütergleise (4 und 44). In den Jahren von 1907 bis 1914 erfolgte eine Erweiterung, hierbei erhielt die Venloer Bahn zwei eigene Gleise, die von einer kleinen Bahnsteighalle überspannt werden. Es wurde auch der hinterste Bahnsteig außerhalb der Halle errichtet.

Sein heutiges Aussehen mit dem nördlichen Empfangsgebäude, dem breiten Personentunnel (zuvor waren es zwei schmale und dazwischen der Gepäcktunnel), den modernisierten Bahnsteigen und dem elektronischen Stellwerk, das Anfang September 1999 die bis dahin noch vorhandenen Formsignale ersetzte, erhielt Bremens Hauptbahnhof in der 2. Hälfte der 1990er. Zur Expo 2000 im nahen Hannover sollte sich auch dieser Bahnhof im Bestzustand präsentieren. Ich darf sagen, daß Bremen zu meinen Lieblingshauptbahnhöfen gehört, jedem Besucher sei aber auch zu einem Abstecher in die Altstadt und an die Weser geraten.


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Bremen ist ein wichtiger Bahnhof für den Fern- und Regionalverkehr. Die Übersicht, wie üblich ohne Einzelleistungen.

Der Fernverkehr konzentriert sich auf die Rollbahn einerseits, hier fahren stündliche Fernzüge zwischen Hamburg und Köln und oft auch darüber hinaus, und die Strecke Hannover - Bremen - Oldenburg - Ostfriesland andererseits. Auf dieser besteht nach Hannover ein Stundentakt, zweistündlich durch den ICE gen München und zweistündlich durch den IC gen Halleipzig. Richtung Oldenburg fährt der IC zweistündlich, es geht weiter nach Emden und Norddeich.


Im Nahverkehr sieht man vier Unternehmen: DB Regio fährt die Regionalexpresslinien, Elloks der Baureihe 146 und Doppelstockwagen. Nach Oldenburg - Norddeich geht es zweistündlich, im dazwischenfahrenden IC werden mittlerweile alle Fahrscheine des Nahverkehrs anerkannt. Stündlich geht es nach Osnabrück und nach Hannover, ebenfalls stündlich nach Bremerhaven, von Osnabrück und Hannover aus bestehen zweistündlich Direkverbindungen.

Ein recht seltener Gast ist Erixx, der Heidesprinter. Die Triebwagen der Baureihe 648 fahren zumeist zweistündlich nach Soltau und Uelzen. Das ist die alte Amerikalinie, auf der einstmals Fernzüge von Berlin nach Bremen fuhren.

Öfter sieht man den Metronom. Zweimal stündlich besteht eine Verbindung mit Hamburg (Elbe), einmal schnell und einmal langsam. Auch hier fahren Elloks der Baureihe 146 und Doppelstockwagen.

Am häufigsten trifft man mittlerweile die Nordwestbahn an. Mit den niedersächsischen Standarddieseltriebwagen der Baureihe 648 fährt sie ab und an nach Wilhelmshaven sowie stündlich durch die Hühnerfabriken nach Osnabrück. Daneben betreibt sie mit ihren Elektrotriebwagen der Baureihe 440 die Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen. Es verkehren vier Linien:
Die RSB 4 nach Nordenham verkehrt stündlich, ebenso die RSB 3 nach Oldenburg und Bad Zwischenahn sowie die RSB 2 von Twistringen über Bremen nach Bremerhaven - auf den beiden letztgenannten Linien fahren im Berufsverkehr ein paar zusätzliche Züge.
Hauptlinie ist die RSB 1 zwischen Verden und Farge. Nach Verden geht es stündlich, im Berufsverkehr halbstündlich. Ganztägig halbstündlich geht es über Vegesack nach Farge; da sich das Zugteilen und -zusammenfügen in Vegesack wohl nicht so einfach realisieren läßt, ist dort öfter mal Umsteigen angesagt. Das vor allem im Berufsverkehr, wenn der Verkehr zwischen Bremen und Vegesack zum Viertelstundentakt verdichtet wird.

Daneben sieht der Bremer Hauptbahnhof auch recht viele Güterzüge, vom Süden in die Häfen muß man da durch. Manch einer steht da stundenlang und fotografiert und fotografiert und fotografiert, fast jeden Tag: Ein seltsames Verhalten. Meine Aufnahmen entstanden am 30. Januar sowie am 3., 16. und 30. April 2014. Anfangs mal gleich vier Bilder mit Zug, damit die niemand vermißt.


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1 Hier sehen wir 145 025, die 146 124 mit ihrem RE Hannover - Norddeich Mole überholt und gleich die Weser überqueren wird.


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2 Nur aus der Bahnhofshalle heraus erwischte ich 140 002, die eine Ladung frischer Autos nach Falkenberg brachte. Falkenberg (Elster) wohlgemerkt, nicht das in Lilienthal - dorthin kommt man vom Bahnhofsplatz, bald sogar per Straßenbahn.


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3 Kurze Zeit später kommt die S-Bahn nach Verden an.


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4 Der ICE von und nach München versteckt sich auf dem letzten Gleis der Haupthalle. Daneben folgen die kleine Halle und ein hallenloser Bahnsteig.


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Begeben wir uns nun auf den Bahnhofsvorplatz. Einigen Aufnahmen vom 30. Januar zeigen auch Details.


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5 Zunächst das Empfangsgebäude in einer Gesamtansicht.


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6 Ein Türmchen.


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7 Am Portal vorne rechts das hannoversche Wappen.


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8 Links unter einem Herrn mit Federhut (Hermes) der Bremer Schlüssel. An der Seite das hamburgische Wappen, während das hannoversche vom kölner flankiert wird.


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9 Gedenktafel.


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10 Der linke Seitenflügel. Auch das Nachbargebäude ist rotgestreift, im alten Ämtergebäude befand sich einstmals auch die Bahnpost.


Überlänge, fast 20.000 Zeichen. Teil 2 folgt sogleich.


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