Freundliches Frankfurt, Teil 2: Der Oderbahnhof (36 Bilder) (Reiseberichte)

Sören Heise, Region Hannover, Donnerstag, 05.09.2013, 18:08 (vor 3858 Tagen)
bearbeitet von Sören Heise, Donnerstag, 05.09.2013, 18:08

Liebe Leserschaft,

vor einigen Tagen stellte ich unter dem Titel Freundliches Frankfurt den Ostbahnhof in Frankfurt am Main vor, eine nicht unbedingt attraktive Station. Auf den Personenbahnhof von Frankfurt an der Oder trifft der Begriff hingegen ohne jede Ironie zu. Die Aufnahmen entstanden am 27. Juni 2012 und am 18. Juli 2013, sie sind nicht chronologisch.


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Was fährt in Frankfurt? Güterverkehr natürlich, Fernverkehr auch: Vier EC-Paare Berlin - Warschau und ein Paar Berlin - Danzig - Gdingen. Dazu Nachtzüge und fünf Linien des Regionalverkehrs.

Hauptlinie ist der RE 1 mit der Baureihe 182 und (modernisierten) modernen Doppelstockwagen. Zwischen Frankfurt, Berlin und Brandenburg fahren zwei Züge die Stunde mit unterschiedlichem Haltemuster, weiter westwärts nach Magdeburg besteht Stundentakt. Einzelne Züge fahren von Frankfurt weiter nach Eisenhüttenstadt oder Cottbus. Auf der letztgenannten Strecke fährt stündlich der RE 11, der Frankfurt, Eisenhüttenstadt, Guben und Cottbus miteinander verbindet, hier fahren mittlerweile neue Talent 2.
Zwei weitere Linien werden durch die Ostdeutsche Eisenbahn mit Regioshuttles bedient. Beide führen von Frankfurt nach Berlin-Lichtenberg. Die RB 36 nimmt den südlichen Umweg über Beeskow und Königs Wusterhausen (mo-fr Stundentakt), die RB 60 den nördlichen über Wriezen und Eberswalde, sie fährt ab Frankfurt zweistündlich.
Hinzu kommen zwei Zugpaare nach Rzepin (Reppen) - Zielona Góra (Grünberg/Schlesien). Die polnische PR fährt hier mit deutschen Dieseltriebwagen der Baureihe 646.


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Interessanter als der tägliche Betrieb ist die Geschichte des Bahnhofs. Ich stütze mich dabei auf dieses Buch.

Wie es sich für eine Stadt nahe Berlins gehört, war die erste Eisenbahnverbindung die in die Hauptstadt: Im Herbst 1842 nahm die Bahnstrecke von Berlin nach Frankfurt ihren Betrieb auf, der erste Fahrplan sah eine Fahrzeit von 2:45 Stunden und mehr vor. Bereits 1857 erfolgte der Bau des zweiten Gleises. 1990 erfolgte die Elektrifizierung.

Schon 1846 erhielt Frankfurt seinen zweiten Bahnhof. Der erste war als Kopfbahnhof angelegt und für die im selben Jahr eröffnete Weiterführung der Strecke nach Breslau (Wroclaw) ungeeignet. Diese Strecke, über Guben und Liegnitz (Legnica), war bis 1945 eine der wichtigsten Deutschlands. Anschließend verlor sie in Bedeutung, hinter Guben ist sie mittlerweile komplett stillgelegt, die Fahrt von Berlin nach Breslau dauert mit dem Zug so lange wie gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Der Abschnitt Frankfurt - Eisenhüttenstadt - Guben (und weiter nach Cottbus) ist ebenfalls seit 1990 elektrifiziert.

Im Jahr 1857 wurde Frankfurt dann zum Eisenbahnknoten, als die Königliche Ostbahn ihre Strecke von Frankfurt über Küstrin (Kostrzyn) und Landsberg (Gorzów) nach Kreuz (Krzyz) eröffnete. Zehn Jahre später war die direkte Strecke von Berlin nach Küstrin fertiggestellt, so daß die Strecke Frankfurt - Küstrin erheblich an Bedeutung verlor. 1996 wurde der Reiseverkehr eingestellt, mittlerweile ist sie stillgelegt.

Im Jahr 1870 wurde mit zunächst drei Zugpaaren der Verkehr über die Oder, nach Reppen, Bentschen (Zbaszyn) und Posen (Poznan) aufgenommen. Seit 1899 ist die Brücke zweigleisig. Nach der Zerstörung Anfang 1945 wurde zunächst eine Behelfsbrücke erbaut, 1953 war eine neue Brücke fertig. Diese wurde 2008 durch einen Neubau ersetzt. Westlich der Brücke liegt der Betriebs- und Systemwechselbahnhof Oderbrücke, der seit 1988 von Polen aus elektrisch erreicht wird. Seit 1990 steht auch die Oberleitung aus Frankfurt unter Spannung.

Am letzten Tag des Jahres 1876 wurde die Bahnstrecke über Grunow nach Cottbus eröffnet, 1888 der Abzweig von Grunow nach Beeskow. Für den Reiseverkehr nach Cottbus verlor diese Strecke trotz der kürzeren Streckenführung gegenüber der über Guben an Bedeutung, 1996 wurde der durchgehende Reiseverkehr eingestellt, heute verkehren die Züge ab Grunow nach Beeskow und weiter Richtung Berlin.

Im Jahr 1877 wurde das Eisenbahnnetz um Frankfurt mit der Bahnstrecke nach Wriezen (weiter nordwärts schon länger in Betrieb) vervollständigt. Jede der sechs Frankfurt erreichenden Bahnstrecken wurde von einer anderen Gesellschaft eröffnet, alle diese gingen später in der Staatsbahn auf.


Bereits erwähnt hatte ich die Neuanlage des Personenbahnhofes im Jahr 1846, diese erwies trotz mehrerer Umbauten im Laufe der Zeit sich als dauerhaft. In den Jahren 1922 bis 1924 erfolgte der letzte große Umbau, aus dieser Zeit stammen das Empfangsgebäude und die Bahnsteighalle. Im Zusammenhang mit der Elektrifizierung erfolgte eine Erneuerung der Signalanlagen, Ende 1990 nahm das neue Zentralstellwerk B1 seinen Betrieb auf.


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1 Das Empfangsgebäude.


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2 Auf dem Bahnhofsplatz der Busbahnhof.


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3 Die Unterführung der Straßenbahn unter den Bahngleisen befindet sich derzeit im Umbau. So sah es 2012 aus.


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4 Vergleichsbild 2013.


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5 Die Straßenbahnhaltestelle Bahnhof liegt demzufolge einige Meter vom Bahnhofseingang entfernt. Als ich letztes Jahr da war wurde das stadtseitige Gleis in beide Richtungen befahren, hier mit den Wagen 229 (Linie 5 nach Neuberesinchen) und 208 (Linie 3 zur Kopernikusstraße). Im Hintergrund die Heilig-Kreuz und Königin-des-Heiligen-Rosenkranz-Kirche, 1899 gesegnet.


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6 Direkt neben dem Bahnhof befindet sich eine Eisenbahnersiedlung.


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7 Neben dem Flügelrad die Kirche St. Gertraud. Sehr gut zu sehen ist die gegenüber der Innenstadt erhöhte Lage des Bahnhofs.


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8 Wir kehren zum Bahnhof zurück.


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9 Die Uhr am Empfangsgebäude.


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10 In der Bahnhofshalle im Jahr 2012, mittlerweile haben sowohl der Burgerkönig als auch die Expressdrogerie geschlossen.


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11 Wir schauen zurück, Richtung Ausgang.


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12 Richtung Bahnsteige.


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13 Der Tunnel. Beschilderung auch auf Polnisch.


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14 Als Denkmal stehen 64 317 und zwei umweltfreundlichere Eisenbahnfahrzeuge rum.


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15 Hinten der Oderturm, Frankfurts höchstes Haus.


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16 Stumpfgleis mit altem Zeug, was auch immer das links vom Prellbock sein mag.


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17 Einfahrt der 182 015 mit ihrem Zug.


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18 Moderner Nahverkehr.


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19 Fabrikschild der Bahnsteighalle.


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20 Zwei Züge nach Berlin-Lichtenberg.


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21 Hinter der Brückenbaustelle das Stellwerk.


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22 Die Bahnsteighalle von der Seite.
Interessanter war, daß eine polnische Ellok im Gleisvorfeld stand und gleich der EC nach Warschau kommen sollte.


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23 Also erstmal den menschenleeren vorderen Bahnsteig, außerhalb der Halle gelegen, festgehalten und der Dinge geharrt, die da kommen.


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24 Die Dinge waren 234 278, die den EC ab Berlin gebracht hatte.


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25 Hinterm Bahnhof steht der Rest des Bw-Wasserturms.


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26 Vor der Halle Dienstgebäude.


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27 Für die Kommunikation mit dem Nachbarn jenseits der Oder.


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28 Besandung? Auf jeden Fall ein hölzerner Lampenmast.


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29 Mittlerweile hat 5 370 009 an den Zug rangiert, während ihre deutsche Schwester mit ukrainischen Wurzeln rechts passiert.


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30 Erst bei der Bildaufbereitung sehe ich den seltsamen Fahrweg des Zuges. Fallblattanzeigen sind immer einen Blick wert!


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31 Pfeilerreihe.


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32 Hallenfront.


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33 Das ehemalige Bw, rechts 182 005, nunmehr in Cottbus daheim.


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34 Zug nach Magdeburg, abfahrtbereit.


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35 Draußen steht eine bunte Österreicherin.


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36 Wir verlassen den Bahnsteig und das Jahr 2013.


Fortsetzung folgt.


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