Riesig: Nürnberg Hbf (40 Bilder, Teil I) (Reiseberichte)

Sören Heise, Region Hannover, Samstag, 22.06.2013, 18:20 (vor 3955 Tagen)

Grüß Gott,

die fränkische Metropole Nürnberg hat einen ziemlich gleisreichen Hauptbahnhof. Einundzwanzig durchgehende Bahnsteiggleise dürften für einen Durchgangsbahnhof deutscher Rekord sein. Ich ließ mich davon inspirieren, den Text ein wenig länger zu fassen.


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Zu Anfang gibt's Eulen für Athen: Die Eisenbahngeschichte Nürnbergs beginnt im Jahr 1835. Am 7. Dezember, einem Montag, nahm die Bayerische Ludwigsbahn den Reiseverkehr in die Nachbarstadt Fürth auf. Das war laut Wikipedia die erste deutsche Eisenbahnstrecke mit Dampfkraft für den Personen- und Güterverkehr. Volkes Mund machte daraus die erste Eisenbahn in Deutschland. Die Bahngesellschaft stellte ihren Betrieb 1922 ein, die Konkurrenz durch die parallele Straßenbahn war zu groß geworden; die Firma an sich wurde 1974 aus dem Handelsregister gestrichen.

Der heutige Hauptbahnhof hat einen Ursprung im Kopfbahnhof der Ludwig-Süd-Nord-Bahn, die von Lindau im Süden bis Hof im Norden kreuz und quer durchs blauweiße Königreich führte. Ein paar Jahre später baute die Bayerische Ostbahn gleich nebenan auch einen Kopfbahnhof. Die beiden wurden 1876 zu einem Durchgangsbahnhof zusammengefügt. Der Verkehr nahm zu, die Gleisanlagen wurden erweitert und ein neues Empfangsgebäude errichtet. Das nach einem Entwurf von Karl Gustav Zenger errichtete Bauwerk wurde im Jahr 1906 fertiggestellt. Im Krieg wurde es teilweise zerstört, dann vereinfacht wiederaufgebaut. Es wurde ein paar Mal umgebaut, erhielt unter anderem eine U-Bahn. Vor nunmehr elf Jahren wurde es nach dem bisher letzten Umbau wiedereröffnet. Im Netz wird besonders auf den Jugendstil-Wartesaal hingewiesen, der jetzt als Reisezentrum dient (bei den oftmals langen Wartezeiten beim Fahrkartenkauf paßt das ausgezeichnet). Da ich letztes Jahr die Bahnhöfe weitgehend unvorbereitet besuchte, wußte ich von ihm nichts und kann ihn daher nicht bildlich vorstellen.

Wir schauen uns nun Geschichte und Betrieb der auf Nürnberg zulaufenden Bahnstrecken im Uhrzeigersinn an. Dabei beginnen wir mit der Strecke rechts der Pegnitz. Zur Orientierung ist die Übersichtskarte des Bahnlandes Bayern vielleicht nicht gerade die beste Wahl, aber die Mehrheit der Ortsnamen sollte enthalten sein.


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Ostwärts durchs Pegnitztal führen zwei Strecken. Rechts des Flusses, auf der Nordseite, verläuft die als Direktverbindung nach Bayreuth erdachte und 1877 eröffnete Strecke; zuvor ging es über Bamberg, Lichtenfels und Neuenmarkt-Wirsberg. In Schnabelwaid zweigt die seit 1878 bis Marktredwitz und 1879 bis Schirnding betriebene Strecke ab. Erst seit 1883 geht es über die Grenze weiter bis ins böhmische Eger. Bislang hängt kein Fahrdraht, eine Elektrifizierung ist allerdings geplant (ab Marktredwitz links abbiegend nach Hof).

In Neunkirchen am Sand (20 Kilometer hinter Nürnberg) zweigt die 1895 eröffnete Strecke nach Simmelsdorf-Hüttenbach ab. Auf dieser Strecke und auf der Hauptstrecke bis Neuhaus fahren als Nahverkehrszüge Dieseltriebwagen der Baureihe 648. Die Eilzüge nach Bayreuth, Eger und über beide Routen nach Hof und Dresden sind weitgehend in der Hand der Baureihe 612. Nur noch wenige Leistungen erbringt die Baureihe 610.

In Hersbruck zweigt eine Verbindungsstrecke zur Bahnstrecke Nürnberg - Schwandorf ab (1877 eröffnet). Hier fahren planmäßig die Eilzüge nach Weiden und Schwandorf. Zwischen Nürnberg und Hersbrucks rechtem Bahnhof fahren diese teilweise mit den eben erwähnten Eilzügen in Vielfachtraktion. Da gilt es in Nürnberg, den richtigen Zugteil zu erwischen.

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Im Mai 1859 nahm die Bayerische Ostbahn die links bzw. südlich der Pegnitz führende Bahnstrecke nach Hersbruck in Betrieb. Am 12. Dezember desselben Jahres, somit einen Tag nach dem europäischen Fahrplanwechsel, ging die Weiterführung über Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg und Amberg nach Schwandorf in Betrieb. In Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg zweigt seit 1875 die Bahnstrecke nach Weiden ab. Im Jahr 1983 wurde die Ostbahnstrecke zwischen Nürnberg und Lauf (links Pegnitz) für die S-Bahn elektrifiziert. 2010 wurden Fahrdraht und S-Bahn bis Hartmannshof verlängert. Die S-Bahn verkehrt mittlerweile mit Talent 2-Triebwagen. Die Regionalexpresse über Weiden nach Neustadt (Waldnaab) und Schwandorf (einzelne weiter nach Regensburg oder Furth im Wald) fahren überwiegend mit der Baureihe 612.


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In drei Etappen wurde 1871 und 1873 die direkte Ostbahnstrecke über Neumarkt nach Regensburg eröffnet. Seit 1950 besteht elektrischer Betrieb, seit Dezember 2010 fährt die Nürnberger S-Bahn bis Neumarkt (Talent 2). Daneben fahren zweistündliche RE-Züge über Regensburg nach München (Baureihe 111 mit Doppelstockwagen) und ebenfalls zweistündlich ICEs nach Wien, in Tagesrandlagen als IC nur bis Passau.

In Feucht, zwölfeinhalb Kilometer von Nürnberg, zweigt die 1878 eröffnete Strecke nach Altdorf ab. Seit 1952 elektrifiziert, ist sie seiht 1992 Teil der Nürnberger S-Bahn. Hier verkehren lokbespannte Züge mit x-Wagen.

Kurz vor Feucht zweigt die 2006 eröffnete Schnellfahrstrecke nach Ingolstadt ab. Neben umfangreichem Fernverkehr mit fast allen ICE-Baureihen fahren hier zweistündlich der RE nach München mit Fernzugwagen (ab Dezember 2016 dann neue Škoda-Züge), daneben ein Pendel bis zum Zwischenbahnhof Allersberg.

Von 1904 bis 1987 bestand darüber hinaus öffentlicher Personenverkehr zwischen Nürnbergs Hauptbahnhof und dem Rangierbahnhof im Süden der Stadt. Die Strecke ist Teil der Ringbahn Nürnberg, die in erster Linie dem Güterverkehr dient(e). Liest noch jemand mit? Schön. ;-)


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Ziemlich genau südwärts verläßt die Bahnstrecke über Treuchtlingen und Donauwörth nach Augsburg die Stadt Nürnberg. Sie wurde in mehreren Etappen zwischen 1844 und 1906 eröffnet und geht teilweise auf die Ludwig-Süd-Nord-Bahn zurück. Diese machte jedoch den Schlenker über Nördlingen. Seit 1935 ist die Gesamtstrecke elektrisch befahrbar. Bis Roth fahrt seit 2001 auf eigenen Gleisen die S-Bahn, auch hier fahren noch Elloks mit x-Wagen, es gibt eine durchgehende Linie Altdorf - Nürnberg - Roth. Fernzüge (ICE und IC) verkehren unregelmäßig. Stündlich, im Berufsverkehr öfter, sind RE-Züge nach Treuchtlingen unterwegs. Manche fahren weiter nach Augsburg oder Ingolstadt. Sie verkehren ausschließlich lokbespannt.


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Seit 1875 gibt es die Bahnstrecke nach Ansbach, die 1876 nach Crailsheim verlängert wurde. 1972 wurde bis Ansbach der elektrische Betrieb aufgenommen, 1985 bis Crailsheim. Nach Ansbach fährt seit 2010 die S-Bahn, auch hier mit Talent 2-Triebwagen. Daneben fahren zweistündlich Intercitys über Aalen und zweistündlich Eilzüge (Ellok und Silberlinge) über Hessental nach Stuttgart.

In Stein, fünf Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt, zweigt die 1914/15 eröffnete Bibertbahn nach Unternbibert-Rügland ab. Oder besser zweigte, denn seit 1993 ist die Strecke ohne Verkehr und mittlerweile abgebaut. Der Reseverkehr wurde in zwei Etappen schon 1971 und 1986 eingestellt.


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Nürnbergs westliche Nachbarstadt ist Fürth. Die Verbindung dorthin und weiter über Erlangen nach Bamberg wurde 1844 als Teil der Ludwig-Süd-Nord-Bahn eröffnet. Die Bahnstrecke führte zunächs nordöstlich an Fürth vorbei. In Vorbereitung der Bahnstrecke nach Würzburg wurde 1862 eine Stichstrecke zu Fürths heutigem Hauptbahnhof eröffnet. In den Folgejahren wurde das Empfangsgebäude gebaut, das 1865 bei Eröffnung der Bahnstrecke nach Würzburg fertiggestellt war. Im Jahr 1876 errichtete man schließlich eine Verbindung gen Norden zur Bahnlinie nach Bamberg (Fürther Bogen). 1939 wurde die Strecke nach Bamberg, 1954 die nach Würzburg elektrifiziert.

Hier verkehren die ICEs in Richtung Frankfurt (3, T), Hannover (1, 2) und Berlin (T). Bis Bamberg fährt mittlerweile die S-Bahn, sie wie auch die RE-Züge in diese Richtung sind fest in der Hand des Talent 2. Über Fürth hinaus in Richtung Neustadt (Aisch) und Würzburg fahren Elektrotriebwagen der Baureihe 440 (Alstom Lirex). Seit einiger Zeit verkehren auch einige Züge von Markt Erlbach bis Nürnberg, hier fahren Dieseltriebwagen der Baureihe 648.


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Eine Besonderheit im Netz der Deutschen Bahn ist die Strecke von Nürnberg nach Gräfenberg, nach ihrem Endpunkt Gräfenbergbahn genannt. Sie ist für Fahrgäste eine Inselbahn, mit dem übrigen Netz nur durch die Nürnberger U-Bahn verbunden. Die Strecke wurde 1908 eröffnet, eine Verbindung zum restlichen Schienennetz besteht mitterlweile nur noch über den Güterring nach Fürth. Es verkehren Dieseltriebwagen der Baureihe 642.

Das war es für die Freunde des geschrieben Wortes, jetzt kommt die Pixelfraktion auf ihre Kosten. Die Bilder entstanden am 9. Juli und am 13. August letzten Jahres.


Fortsetzung folgt.


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